Ökonomische Vorteile im nachhaltigen Bauen

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Immer noch steht nachhaltiges Bauen im Verruf, deutlich teurer zu sein als herkömmliche Gebäude. Dass durch eine nachhaltige Bauweise auch finanzielle Chancen und Anreize gesetzt werden, bleibt meist außer Acht. Lesen Sie hier, wie durch ESG-Anwendung, staatlichen Förderungen und Wertsteigerungen ein finanzieller Mehrwert einer nachhaltigen Immobilie erreicht werden kann.

 

ESG und Taxonomie kurz erklärt

Die EU-Taxonomie ist vor allem durch das mediale Echo, welches Anfang 2022 durch die Nachrichten hallte, bekannt. Denn die Verordnung, die einen aktiven Beitrag gegen den Klimawandel leisten soll, stufte Atom- und Gasenergie als nachhaltig ein. Dies führte zu einem regelrechten Sturmlauf gegen die neue Richtlinie, welches die Einstufung der beiden Energieformen als nachhaltig jedoch nicht aufhalten konnte.

Per Definition sieht die Richtlinie vor, einen aktiven Beitrag zum Europäischen Green Deal zu leisten. Ziel des Green Deals ist es, den europäischen Kontinent als ersten Kontinent weltweit klimaneutral zu gestalten. Expliziter ausgedrückt: die EU-Staaten wollen bis 2050 keine Netto-Treibhausgase mehr ausstoßen. Der europäische Green Deal beinhaltet viele verschiedene Aktivitäten, unter anderen Sustainable Finance bzw. Nachhaltigkeit im Finanzsystem - die EU-Taxonomie. Hierbei wird sichergestellt, dass Nachhaltigkeitsfaktoren in Investitions- und Entscheidungsprozessen berücksichtigt werden - die ESG-Kriterien. Dabei steht ESG als Akronym für Environmental, Social und Governance. Die EU-Taxonomie ist demnach ein Werkzeug, welches mit Hilfe von ESG-Kriterien eine Investition als nachhaltig bewertet. Daher kommt die allgemeine Gewohnheit, ESG und EU-Taxonomie synonym zu verwenden.

Die Taxonomie ist wie folgt gegliedert:

  1. Klimaschutz
  2. Anpassung an den Klimawandel
  3. Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
  4. Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Abfallvermeidung und Recycling
  5. Vermeidung und Verminderung von Umweltverschmutzung
  6. Schutz gesunder Ökosysteme und Biodiversität

Die Auflistung folgt der Logik, dass zur Erfüllung der Taxonomie eines der Kriterien erfüllt werden muss, ohne einem anderen zu widersprechen (Do-Not-Significant-Harm (DNSH)-Regelung).

Die Taxonomie stellt klar: wo Nachhaltigkeit draufsteht, muss auch Nachhaltigkeit enthalten sein. Wer sein Produkt als nachhaltig deklariert, wird durch die Taxonomie verpflichtet, nachzuweisen, dass es sich tatsächlich um ein nachhaltiges Produkt handelt. Sollte das Gegenteil der Fall sein, wird man voraussichtlich mit dem Begriff „Green Washing“ konfrontiert.

 

Wie baue ich ESG/EU-Taxonomie konform?

In der Baubranche stehen die Investor:innen und Bauherr:innen schließlich vor der Fragestellung, wie eine nachhaltige, ESG-konforme Investition oder Anlage konkret aussieht. Dies zeigen auch erste Untersuchungen. Eine Umfrage der Beratungsfirma EY [1] ergab, dass 79% der befragten Immobilienunternehmen im Unklaren darüber sind, welche Kriterien eine Immobilie erfüllen muss, um als Taxonomie konform zu gelten.

Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, ist eine ESG-Verifikation über die DGNB (Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen). Die DGNB bietet ein eigens dafür entwickeltes Tool an, in welchem die Beteiligten ihr Projekt zur ESG-Verifikation anmelden und als Taxonomie konform zertifizieren lassen können. Hierbei gibt es Überschneidungen zu den Kriterien einer nachhaltigen Gebäudezertifizierung. So wurden die ESG-Anforderungen bereits teilweise in das Nachhaltigkeitszertifikat übernommen. Zwar ist dies noch nicht vollständig geschehen, es lässt sich jedoch feststellen, dass ein deutlich geringerer Aufwand bei der ESG-Verifikation anfällt als ohne Zertifikat. Somit eignet sich das Nachhaltigkeitszertifikat für Gebäude entsprechend gut, um die ESG bzw. EU-Taxonomie-Anforderungen zu erfüllen.

 

Niedriger Zinssatz durch ESG

Aus Untersuchungen, Recherchen und bereits eigenen Erfahrungen wird ein klarer Trend in der Finanzwelt erkennbar: Banken investieren vorzugsweise in nachhaltige Anlageprodukte. Projektbeteiligte müssen damit rechnen, dass Bauvorhaben ohne (Nachhaltigkeits/ESG) Zertifikat erschwert und mit erhöhten Zinsen zu finanzieren sind. An dieser Stelle setzt die EU-Taxonomie an: ist das Produkt konform, wissen Banken und Investor:innen, dass sie in ein zukunftssicheres und nachhaltiges Projekt investieren. Durch das bisher überschaubare Angebot von nachhaltigen Investitionen, werden diese entsprechend zinsgünstiger finanziert.

 

Staatliche Förderung

Seit dem 20. April 2022 vergibt die Kreditanstalt für Wideraufbau (KfW) staatliche Förderkredite für Neubauvorhaben nur noch unter der Voraussetzung eines Nachhaltigkeitszertifikat. Hierfür bietet sich die DGNB als akkreditierte Zertifizierungsstelle an. Es werden die Kosten für die Erstellung und die Kosten für die Gebäudezertifizierung gefördert. Genauere Informationen können hier eingesehen werden.

 

Wertsteigerung durch Nachhaltigkeitszertifikat

Darüber hinaus bringt die Gebäudezertifizierung einen finanziellen Mehrwert für Bauherr:innen. Nach einer aktuellen Studie des Immobiliendienstleisters JLL [2] ist bei einer Büroimmobilie mit Nachhaltigkeitszertifikat, gegenüber einer Immobilie am gleichen Standort ohne Nachhaltigkeitszertifikat, eine Wertsteigerung von 6,5 - 7,5% realistisch. Dazu erreicht ein Gebäude mit Nachhaltigkeitszertifikat eine höhere Vermietungsquote. Somit leistet die Nachhaltigkeitszertifizierung nicht nur einen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels, es verspricht auch einen höheren Wert der Immobilie. 

 

Zusammenfassung

Ein Bauvorhaben mit einer nachhaltigen Gebäudezertifizierung lohnt sich aus finanzieller Sicht mehr denn je. Mit der Durchführung eines solchen Zertifikats kann von einem zinsgünstigeren Kredit, einer staatlichen Förderung und einer Wertsteigerung der Immobilie ausgegangen werden – gänzlich unter ESG/EU-Taxonomie Konformität.

Die Unternehmensgruppe dieBauingenieure ist interdisziplinär aufgestellt und verfügt über langjährige Erfahrung in der Gebäudezertifizierung. Ihre DGNB-Auditoren, EU-Taxonomie Advisoren und ESG-Manager können Sie fachkundig beraten und Ihr Projekt ganzheitlich betreuen.

Wenn Sie Interesse an einer Gebäudezertifizierung und/oder der ESG-Verifikation haben, kontaktieren Sie uns gerne.

[1] EY, ESG-Snapshot, Immobilien – Taxonomie (Dezember 2021)

[2] JLL, Nachhaltigkeitszertifikat als Wertetreiber? (März 2021)