Nachhaltige Wärmedämmverbundsysteme (WDVS)

IWARU - Institut für Infrastruktur ∙ Wasser ∙ Ressourcen ∙ Umwelt

 

Was wird mit 150.000 Tonnen EPS-Müll im Jahr 2050 passieren?

Das jahrelang als übliches Flammschutzmittel in EPS/XPS-Dämmungen eingesetzte Hexabromcyclododecan (HBCD) wurde aufgrund seiner Giftigkeit 2018 in Dämmprodukten verboten.

Gemäß der aktuellen Umweltproduktdeklaration (EPD) des Industrieverbands Hartschaum e.V. wird nun das Polymer-FR standardmäßig als Flammschutzmittel verwendet. Polymer-FR gehört wie HBCD zu den halogenierten (in beiden Fällen bromierten) Flammschutzmitteln, und auch für dieses gilt die grundsätzliche Problematik, wenn es unkontrolliert in die Umwelt gelangt: Halogenierte Flammschutzmittel sind persistent. Sie bauen sich schwer ab und können sich dadurch in der Umwelt und damit in der Nahrungskette anreichern.

 

Die Risikobewertung von Polymer-FR fällt zunächst unkritisch aus, da es sich um ein größeres Molekül als HBCD handelt. Die Größe bewirkt, dass die Zellmembran nicht so einfach passiert werden kann, d.h. das Molekül ist weniger toxisch für Mensch und Tier.

Mit Ausnahme der Bildung gefährlicher Verbrennungsprodukte in den vier Szenarien „Verkehrsunfall und Brand beim Transport“, „Brand des Dämmstoffs bei einem Gebäudebrand“, „Brand von EPS auf einer Mülldeponie“ und „Verbrennung in einer Anlage ohne Rauchgasreinigung“, wurde Polymer-FR daher als risikolos eingestuft.

Das ist in gewisser Weise abstrakt gedacht und setzt die Gegebenheit voraus, dass sämtliche verbaute Dämmung fachgerecht rückgebaut, recycelt oder entsorgt wird. In der Praxis ist es jedoch so, dass ein sortenrein getrennter Rückbau nicht möglich ist, da der Dämmstoff als „Wärmedämmverbundsystem“ (WDVS) verklebt und mit Gewebe versehen überspachtelt auf der Fassade angeordnet ist. Der Rückbau erfolgt daher im Verbund mit Kleber und Spachtel, so dass kein Recycling, sondern nur eine thermische Verwertung in Frage kommt. Bei der Verbrennung entwickelt sich korrosiver und toxischer Bromwasserstoff, der für die flammhemmende Wirkung verantwortlich ist. Nur durch eine funktionsfähige Rauchgasreinigung kann verhindert werden, dass dieser Stoff in die Umwelt gelangt

Zudem bestehen Befürchtungen, dass Polymer-FR durch UV-Strahlung mit der Zeit zu niedriger bromierten und damit kleineren, giftigeren Verbindungen abgebaut werden könnte. Dies wäre in solchen Fällen in Betracht zu ziehen, in welchem der Dämmstoff über längere Zeit ungeschützt der Sonne ausgesetzt ist, zumindest also bei Deponierung.

In Deutschland ist sowohl die Verbrennung von gebrauchtem EPS in Anlagen ohne Rauchgasreinigung sowie die Deponierung verboten. Was passiert aber in Ländern mit einer weniger entwickelter Abfallwirtschaft? Wieviel Prozent der im Jahre 2050 prognostizierten EPS- Rückbaumenge von etwa 150.000 Tonnen [1] wird ungeregelt entsorgt werden? Zum Vergleich die Problematik beim Plastikmüll: Etwa 10 % der verwendeten Plastiktüten landen „unerlaubt“ in unseren Ozeanen.

Alternative Dämmmaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen für Außenwände und Dächer stellen Holzfaserplatten dar, da sie bei guten Wärmedämmeigenschaften durch die höhere Wärmespeicherkapazität auch optimalen sommerlichen Wärmeschutz bieten. Abhängig von der Gebäudeart sind auch die Brandschutzanforderungen erfüllt: Im Gegensatz zu EPS verbrennen nachwachsende Dämmstoffe verhältnismäßig langsam, mit geringer Rauchentwicklung und tropfen nicht brennend ab. Ihr Brandverhalten ist damit insbesondere in der Frühphase eines Brandes deutlich vorteilhafter als das von Hartschäumen[2]. Druckfeste Holzfaserdämmstoffe benötigen aufgrund ihrer Rohdichte auch keinerlei Einsatzstoffe zur Erzielung der Baustoffklasse 'normalentflammbar'. Durch Aufbringen eines geeigneten Putzsystems kann die Baustoffklasse „schwer entflammbar“ erreicht werden.

Kontaktieren Sie uns gerne, falls Sie Fragen zu alternativen und nachhaltigen Dämmstoffen haben.

 

[1] Quelle: „Recycling von Wärmedämmstoffen“, Wolfgang Albrecht, Bauphysik Kalender 2023
[2] Quelle: „Ganzheitliche Forschung für mehr Naturdämmstoffe im Bau“, Fraunhofer-Institut für Holzforschung, 2020)

Bildquelle: IWARU - Institut für Infrastruktur ∙ Wasser ∙ Ressourcen ∙ Umwelt